Menschen gibt es, denen wurde die Trompete in die Wiege gelegt – teils,
um sie nicht in die Hände der Geschwister geraten zu lassen, teils mit
dem Hintergedanken, die Welt intensiv teilhaben zu lassen an dem, was da
unausweichlich heranwächst – ein starkes Stück, ein ganzer Mensch.
Derlei passiert und wir wüssten nicht, ob uns die Kunde vom ganzen
Menschen jemals erreicht hätte, gäbe es nicht die Trompete, mit deren
Hilfe ein einzelner Mensch die so wunderbar über den Planeten verteilte
Luft unversehens in einen scharfen Gegenstand zu verwandeln vermag. Im
Wahlkampf zum Beispiel, pardon, im Vorwahlkampf unserer amerikanischen
Freunde, ist so ein Instrument ungemein nützlich, da es den gemeinen,
wenngleich gutsituierten Erdenbürger im Handumdrehen zur globalen Leit-
oder Hass- oder Witzfigur befördert, am besten gleichzeitig, denn
Polarisierung bedeutet alles, wenn nicht im Leben, so gewiss im Leben
nach der Entscheidung, ein wahrhaftiger Präsident werden zu wollen. Die
Trompete von New York zum Beispiel, wir wissen nicht mit letzter
Sicherheit, in welcher Werkstatt sie die letzte Politur erhielt, hat ihn
gefunden, den populären Sound, er will und will sie nicht mehr
verlassen und die Kritik stöhnt – das sind Glücksmomente, die sie niemals vergisst. Und es geht weiter. Der drollige, der Erfindungskraft
einer Rapper-Kolonne würdige Einfall, einen Einwanderungsstopp für
Muslime aus aller Welt verhängen zu wollen, bis "wir" wissen, "warum sie
uns hassen", kommt dem mit Sicherheitsparanoia unterfütterten
Liebeswunsch der Nation weit entgegen, so dass man sich fragen kann, warum er
nicht auch für die islamische Staatenwelt gelten sollte. Vielleicht stammt die
Anregung ja aus jenen Regionen und der Twitter-Ausfall eines saudischen
Prinzen gegen den Kandidaten verdankt sich weniger der Sorge um die
Verfassungsprinzipien des großen Verbündeten als vielmehr der Furcht vor
einer kleinen Wegänderung der Flüchtlingsströme.
Die Idee der
gerechten Lastenverteilung erregt den Verdacht, dass der Mensch dem
Menschen eine Last sei – bei Leuten, die 'alles' aufgeben, um ein neues
Leben in einem fremden Land zu beginnen, kann man zumindest das
voraussetzen und eifrige Ökonomen ... werden immer Mittel und Wege
finden, positive wie negative Folgen der Masseneinwanderung, vulgo
Gewinn und Verlust, in wechselnden Gleichungen gegeneinander
auszuspielen. Doch das wäre nur die ökonomische Seite der Sache,
obgleich die Moral auch in ihnen eine bedeutende Rolle spielt. Was der
amerikanische Freund in Wirklichkeit meinen mag, ist die gefühlte,
gleichfalls mit Zahlen unterfütterte Unverträglichkeit der Kulturen, –
kein taufrisches Argument, doch die Vehemenz, mit der es vorgetragen
wird, überrascht aus dieser Weltgegend. Wenn das Land, in dem die
Identitätssuche eingewanderter Ethnien zum Business gehört und an
Universitäten gelehrt wird, plötzlich zu fremdeln beginnt, dann deutet
sich darin – von ferne, aber mit einem Hauch von (Bürger-)Nähe – eine
Kapitulation an, man mag von der Sache halten, was man will.
Kapitulation bedeutet, neben allem Möglichen, die Anerkennung von
Realitäten, die Ultra-Überzeugte am liebsten unter den Teppich kehren
möchten, dorthin, wo auch das geübte Auge sich mit dem Erkennen schwer
tut.
Kapitulation als Kampagne: das globale Publikum wartet gespannt
auf den Ausgang, weniger um aufzuatmen, wenn die Prinzipien wieder
einmal gesiegt haben werden, mehr um festzustellen, wie weit die Erosion
von Gesellschaft in dem Land, das auf ihren Grundsätzen und zu ihrem
Schutz errichtet wurde, mittlerweile gediehen ist. Yes we can –
die imperiale Formel des Noch-Amtsinhabers musste zur Umkehrung
herausfordern. Diesmal fordert der Unglaube den Glauben heraus, im Namen
des Glaubens – und des Imperiums, das sich erschüttert zeigt.