Zur Ökonomie der Illusion


Die Ökonomien der Illusion und des Vergessens sind eins.

Dienstag, 8. Dezember 2015

Täter*innen

Tagaus tagein bereichert das Fernsehen unser Leben. Davon lässt sich doch eine Scheibe abschneiden, oder nicht? Nehmen Sie das ruhig wörtlich, es könnte sein, dass Sie diese Scheibe, ein winziges Scheibchen vielleicht, noch einmal benötigen werden. Respond or die. Nie gehört? Auf welchem seligen Planeten leben Sie denn? Nein, nicht diese Töne, das verbitte ich mir. Ich bin Humanist. Was habe ich gesagt? Ups, das habe ich gesagt. Oder, gedehnt, wie es richtig gesprochen wird: "Oooops!" Comic-Sprache, ja gewiss, was ist daran auszusetzen? Ohne Comic kein Leben, jedenfalls keins, das die Wiederholung lohnte. In der Wiederholung, pardon, im Wieder-holen, liegt unsere Stärke. Erst das Wiederhergeholte ist wirklich, denn: zwischen eins und zwei spielt die Musik, wenn Sie verstehen. Diese kleinen Reminiszenzen, die unseren Alltag beschleichen, sich hier einnisten, dort eine Färbung bewirken, die gerade noch nicht zu sehen war, eine Gemüts-Färbung, wenn Sie so wollen, doch manchmal wird selbst das Sehen, wie sage ich, affiziert... Und die Rede! Wir haben gesehen und reden wie Erstlinge nach der Taufe. Das Weihwasser, das unsere Haut netzt, verleiht uns nicht mehr und nicht weniger als: Sprache. Aber dieses Segenswasser, was soll ich sagen, es perlt ab, es verdunstet, es verschwindet auf Nimmerwiedersehn und hinterlässt ... kleine, sich rasch verflüchtigende Effekte. Was der Mensch leisten kann, zeigt sich erst in der Wiederholung. Die Wiederholung ruft dem Flüchtigen zu: Steh! Und – es steht. Ohne Zweifel, es steht. Auch das nicht ohne Weiteres, Korrosion ist ein großes Thema, aber: es steht. Was da steht, geschrieben steht in der Brust, nein, nicht in der Brust, in den Zellen, die der Körper in weiser Voraussicht für seine Aufnahme vorbereitet hat, ist kein Lebensbegleiter, wie manche naiverweise vermuten, es ist das Leben des Individuums, das sich zur Ausführung bringt. Wenn z.B. das abendliche Krimi-Programm vermehrt Ups-Täter*innen (soll heißen Personen überwiegend weiblichen Geschlechts) enttarnt, die aus einem affektiven Impuls heraus ohne Tötungsabsicht zum nächstgelegenen Gegenstand greifen, der sogleich absichtsfrei und umstandslos seinen Zweck erfüllt, dann nicht, um vor der Gefährlichkeit der dinglichen Welt oder der Welt der Affekte oder irgendeiner anderen Welt zu warnen, nein, es geschieht (neinnein, nicht um zu ermuntern, in diese Falle gehe ich nicht), es geschieht, damit alles auf die rechte Weise geschieht. Sehen Sie, das Ups ist nun einmal in der Welt, aber wie jede natürliche Lebensform bedarf es der steigernden Kraft, der Sonne, wenn Sie so wollen, der pflegenden und stärkenden Hand, um sich aus dem Gestrüpp zu erheben, in dem es unweigerlich erstickt, sofern niemand sich darum kümmert. Das Fernsehen ist ein großer Kümmerer,  der größte, den wir haben, praktisch kümmert es sich um alles. Die Förderung des letalen Ups gehört unter seine kühneren Streiche, weil sie dem, was Menschen gelegentlich unterläuft und sie, neben dem kriminellen Befund, unfassbar dämlich aussehen lässt, eine ordentliche Fassung gibt, einen Schnitt, mit dem es sich sehen lassen kann: U-p-s. Von Sinnen sein muss nicht unsinnlich aussehen. Behalten Sie die Kontrolle: Ups. War da etwas? Ich sehe es nicht. Ups. Sehen Sie mich an: Sehe ich so aus? Ups. Es war leicht, wissen Sie, schwerelos. Es bot sich an. Ups. So ein Angebot schlägt man nicht aus. Ups.
Ohne Zweifel ist der Mensch von Sinnen. Ich fürchte, wir verstehen uns.